Beschlussvorschlag:
Die Gemeindevertretung
der Gemeinde Gelbensande beschließt nachfolgende Hebesatzsatzung
Satzung über die Festsetzung
der Hebesätze für die Grundsteuer und Gewerbesteuer in der Gemeinde Gelbensande
(Hebesatzsatzung)
Auf der Grundlage
des § 5 Abs. 1 Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern
(Kommunalverfassung - KV M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Mai
2024 in der derzeit geltenden Fassung, in Verbindung mit dem § 1 Abs. 1 und §
25 Grundsteuergesetz vom 7. August 1973 in der derzeit geltenden Fassung und
des § 1 des Gesetzes zur Übertragung der Zuständigkeit der Gemeinden für die
Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer und zur Ermittlung aufkommensneutraler
Hebesätze (GemGrStZustÜHebG M-V) vom 18. Dezember 1995 in der derzeit geltenden
Fassung, sowie des § 16 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 in der derzeit geltenden Fassung, und des
Gesetzes zur Übertragung der Verwaltung der Gewerbesteuer auf die Gemeinden vom
5. August 1991 (GVOBl. M-V S. 338) wird nach Beschlussfassung durch die
Gemeindevertretung am 19.12.2024
folgende Satzung erlassen:
§ 1 Hebesätze
Die Hebesätze für
nachstehende Gemeindesteuern werden ab dem Haushaltsjahr 2025 wie folgt festgesetzt:
1. Grundsteuer
a) für das land-
und forstwirtschaftliche Vermögen (Grundsteuer A) 229 %
b) für das
Grundvermögen (Grundsteuer B) 256
%
2. Gewerbesteuer 330
%
§ 2 Schlussbestimmungen
(1) Diese Satzung
tritt am 1. Januar 2025 in Kraft.
(2) Die
Hebesatzsatzung gilt hinsichtlich der Grundsteuer längstens bis zum Ende des
Hauptfeststellungszeitraumes (bis Ende 2030).
Gelbensande, den
00.00.2024
_____________________ Siegel
Manfred Labitzke
Bürgermeister
Abstimmungsergebnis
Gesetzliche Anzahl der
Vertreter:
Davon anwesend:
Zustimmung:
Ablehnung:
Enthaltung:
Sachverhalt:
Gemäß § 5 Kommunalverfassung M-V (KV M-V) können Gemeinden
Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises durch Satzung regeln, soweit
Gesetze nichts anderes bestimmen. Angelegenheiten des übertragenen
Wirkungskreises können nur durch Satzung geregelt werden, soweit ein Gesetz
dies vorsieht.
Laut §§ 1, 2, 4 und 6 Kommunalabgabengesetz M-V (KAG M-V) dürfen Abgaben
aufgrund einer Satzung erhoben werden.
Nach dem Grundsteuergesetz sowie Gewerbesteuergesetz ist die Gemeinde
berechtigt die Grundsteuer und Gewerbesteuer zu erheben.
Stellungnahme der Verwaltung:
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 10.04.2018 festgestellt, dass die Einheitsbewertung für bebaute Grundstücke mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes unvereinbar ist. Dies ist u. a auf unterschiedliche Bewertungszeitpunkte in Ost (1935) und Westdeutschland (1964) zurückzuführen sowie - anders als ursprünglich gesetzlich vorgesehen- auf nicht durchgeführte Aktualisierungen der Besteuerungsgrundlagen über einen langen Zeitraum (seit 1964). Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber eine Frist für die Neuregelung bis zum 31. Dezember 2019 gesetzt. Dem ist der Bundesgesetzgeber mit dem Ende 2019 verabschiedeten sogenannten Bundesmodell nachgekommen. Dieses gilt bundesweit, sofern ein Land nicht von der Möglichkeit der ebenfalls mit dem Gesetzespaket eingeführten Öffnungsklausel Gebrauch macht und ein eigenes Grundsteuermodell beschließt.
Das neue Grundsteuerrecht findet ab dem 1. Januar 2025 Anwendung.
Das Land M-V hat
sich entschieden das Bundesmodell anzuwenden und keine eigenen Regelungen zu
treffen.
Unterschiedliche regionale Werteentwicklungen und Entwicklungen der Grundstücksarten untereinander haben in der Vergangenheit zu Werteverzerrungen geführt. Diese sollen mit dem Bundesmodell als wertabhängigem Modell ausgeglichen und damit die tatsächliche Werteentwicklung abgebildet werden.
Die Bewertung der einzelnen Grundstücke wird auch zukünftig von den zuständigen Finanzämtern nach dem Bewertungsgesetz vorgenommen. Die Grundstückseigentümer erhalten von dem jeweils zuständigen Finanzamt zum einen den neuen Grundsteuerwertbescheid und zum anderen einen neuen Grundsteuermessbescheid. Neben der Grundstücksfläche fließen weitere wertbildende Faktoren, wie z. B. der Bodenrichtwert [BRW] (Lage), die Immobilienart, das generalisierte Mietniveau (Nettokaltmiete), die Gebäudefläche und das Gebäudealter in die Besteuerung ein. Die inzwischen aufgrund des neuen Gesetzes erfolgten völlig neuen Bewertungen durch die Finanzämter und neu erstellten Messbescheide bilden für die Gemeinde Gelbensande die Grundlage für die Erhebung der Grundsteuer ab dem 01.01.2025.
Wie bislang auch, berechnet sich die Grundsteuer nach neuem Recht aus der Multiplikation
- des vom Finanzamt ermittelten Grundstückswertes (früher: Einheitswert) - Wert der Immobilie
(Grundsteuerwertbescheid)
- der gesetzliche festgesetzten und vom Finanzamt anzuwendenden Steuermesszahl (Grundsteuermessbescheid)
- und durch den von der Gemeinde beschlossenen Hebesatz.
Grundsätzlich wird auch weiterhin zwischen der Grundsteuer A (für land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitz) und der Grundsteuer B (für bebaute und unbebaute Grundstücke) unterschieden.
Die Grundsteuer C
hat für die Gemeinde Gelbensande keine Relevanz, da es keine unbebauten Gebiete
mit Grundstücken zur Spekulation gibt.
Die Kommunen sind auch nach der Umsetzung der Grundsteuerreform weiterhin an den Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes und damit an den vom Finanzamt festgelegten Grundsteuermessbetrag gebunden.
D.h. das Volumen der Grundsteuermessbeträge aus der Summe
aller Grundsteuermessbescheide des Finanzamtes ist betragsmäßig vorgegeben.
Für die Berechnung des Hebesatzes wird von einem gleichbleibenden Aufkommen ausgegangen, um die freiwillige Selbstverpflichtung der Aufkommensneutralität einzuhalten.
Aufkommensneutralität bedeutet, dass das Volumen der im
Gemeindegebiet Gelbensande erhobenen Grundsteuer in 2025 dem Volumen
entsprechen soll, welches in 2024 nach altem Recht erhoben wurde.
Durch die
Aufkommensneutralität soll erreicht werden, dass die Gemeinde nicht mehr
Grundsteuererträge einnimmt und somit der Bürger belastet wird.
Im Jahr 2025 sollen
nur so viele Grundsteuererträge erzielt werden, wie im Jahr 2024.
Der
aufkommensneutrale Hebesatz ist zu veröffentlichen.
Für den einzelnen
Bürger kann es aber zu einer Erhöhung der Grundsteuer kommen, da im Einzelfall
auch der Messbetrag für das jeweilige Grundstück gestiegen ist oder umgekehrt.
Es ist mit
individuellen Veränderungen zu rechnen.
Der
Grundsteuermessbescheid wird durch das Finanzamt festgesetzt. Die Gemeinde hat
darauf keinen Einfluss.
Die Erhebung der Grundsteuer erfolgt ab dem 01.01.2025 auf Basis der Planzahl für das Jahr 2024 unter der Prämisse der Aufkommensneutralität.
Die Ermittlung des Hebesatzes errechnet sich aus der Berechnung des Quotienten:
- aus dem Gesamtaufkommen 2024 (lt. Haushaltsplan) und
- der Summe aller Grundsteuermessbeträge der Finanzämter für
2025. Für die Ermittlung der Hebesätze wurde die übermittelte Datenlage zum
22.11.2024 verwendet.
Demzufolge sind zwei Bestandteile der Rechnung (Gesamtaufkommen 2024 und Summe der Grundsteuermessbeträge) vorgegeben, so dass der Hebesatz durch einfache Rechenoperation jeweils für die Grundsteuer A und die Grundsteuer B ermittelt wird.
Grundsteuer A
Die Bewertung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe und Flächen (land- und forstwirtschaftliches Vermögen) erfolgt bundeseinheitlich in allen Ländern nach den bundesgesetzlichen Regelungen (§ 232 ff. Bewertungsgesetz). Eigene Landesmodelle gibt es hier nicht. Die Bewertung erfolgt durch die Finanzämter durch ein typisierendes Ertragswertverfahren:
Für jede Nutzung/Nutzungsart/jeden Nutzungsteil (Gesetzliche
Klassifizierung) wird ein Reinertrag ermittelt. Dabei werden Bewertungsfaktoren
zugeordnet, die den durchschnittlichen Ertrag je Flächeneinheit widerspiegelt.
Ertragswertsteigernde Umstände, wie z. B. die verstärkte Tierhaltung oder im
Rahmen der gärtnerischen Nutzung begehbare Anbauflächen unter Glas und
Kunststoffen, werden durch pauschale Zuschläge berücksichtigt.
Sind Grundstücke einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft
zuzuordnen, ist eine Steuermesszahl von 0,55 ‰ anzuwenden.
In den neuen Bundesländern erfolgt die Änderung von der Nutzer- zur Eigentümerbesteuerung, d.h. verpachtete Flächen, welche land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, sind nach neuem Recht beim Eigentümer zu versteuern.
Alle zu Wohnzwecken dienenden Gebäude und Gebäudeteile sowie der dazugehörige Grund und Boden innerhalb einer landwirtschaftlichen Fläche sind dem Grundvermögen zuzuordnen und werden mit der Grundsteuer B besteuert.
Es liegen derzeitig ca. 50 Messbescheide vor. Das sich daraus ergebende Messbetragsvolumen beläuft sich auf 4,3 TEUR.
Der Haushaltsansatz
2024 betrug 9.000 EUR.
Daraus lässt sich
ein Hebesatz von 209 v. H. berechnen.
Messbetrag alt Messbetrag neu Abweichung
Grundsteuer A 3.085,33 EUR 4.324,82
EUR + 1.239,49 EUR
Grundsteuer B
Es liegen derzeitig ca. 843 Messbescheide vor. Das sich
daraus ergebende Messbetragsvolumen beläuft sich auf 56.115,60 EUR.
Der Haushaltsansatz 2024 betrug 132.000 EUR.
Daraus lässt sich ein Hebesatz von 236 v. H. berechnen.
Die Steuermesszahl beträgt für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser,
Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum 0,31 ‰. Für Teileigentum,
Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und sonstige bebaute
Grundstücke sowie auch für unbebaute Grundstücke liegt sie bei 0,34 ‰.
Messbetrag alt Messbetrag neu Abweichung
Grundsteuer B 43.192,28 EUR 56.115,60
EUR + 12.923,32 EUR
Laut
Finanzministerium sollen für die Grundsteuer B 98 % und für die Grundsteuer A
94 % der Neubewertungen zum 01.01.2022 abgeschlossen sein.
In der
Amtsverwaltung wurde dies aus zeitlichen Gründen bisher nicht überprüft.
Die vorliegenden
Messbescheide wurden verarbeitet.
Bei den Finanzämtern
erfolgt aber derzeit die Abarbeitung der Veränderungen (z.B. Verkäufe zwischen
2022 und 2024). Außerdem haben viele Bürger Einspruch gegen den
Grundlagenbescheid bei den Finanzämtern eingelegt. Diese Abarbeitung wird noch
einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Von den Finanzämtern kann der zeitliche
Rahmen nicht eingeschätzt werden.
Auch für den Bereich
der Grundsteuer A liegen noch nicht alle Neubewertungen vor.
Risiken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Grundlagenbescheide können für die Berechnung des Hebesatzes nicht mit bedacht werden, da die Bescheide des Finanzamtes bindend für die Gemeinde sind.
Um sogleich zum Jahresbeginn 2025 die Liquidität der Gemeinde sicher zu stellen, wird der Hebesatz mit ausreichendem Vorlauf in 2024 benötigt, damit die Verwaltung rechtzeitig die Steuerbescheide ausfertigen und damit die Steuer veranlagen kann.
Es ist vom Steueramt vorgesehen, die Hebesätze der
Grundsteuer in 2025 kontinuierlich dahingehend zu überprüfen, ob die
Aufkommensneutralität eingehalten ist und gleichzeitig auch keine negativen
finanziellen Auswirkungen für den Haushalt 2025 zu verzeichnen sind. Ein
nachträglicher, ggf. von diesem Beschlussvorschlag abweichender Beschluss über
den Hebesatz anhand sukzessiver neuer Daten vom Finanzamt ist bis zum 30. Juni
eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen (im
Falle eines erhöhten Hebesatzes). Nach diesem Zeitpunkt kann der Beschluss über
die Festsetzung des Hebesatzes gefasst werden, wenn der Hebesatz die Höhe der
letzten Festsetzung nicht überschreitet. Es können daher nachträgliche
Änderungen der Bescheide, wie sie z.B. in den nächsten Monaten durch Einspruchsverfahren
durch das Finanzamt zu erwarten sind, auch noch zu einem späteren Zeitpunkt
nachbetrachtet werden.
Um ein gleichbleibendes Steuervolumen zu erzielen und damit die Aufkommensneutralität zu erreichen, sind die Grundsteuerhebesätze in der Hebesatzsatzung wie folgt festzusetzen.
Hebesatz Steueraufkommen Hebesatz Abweichung Hebesatz
aktuell 2024 neu in % in % neu + 20%
Grundsteuer A 290 9.000 EUR 209 - 81 229
Grundsteuer B 365 132.000
EUR 236 - 129 256
Das Hebesatzrecht
liegt bei der Gemeinde. Um nicht ständig die Satzung ändern zu müssen, um
aufkommensneutral zu sein, wird seitens der Verwaltung vorgeschlagen 20 v. H.
über den errechneten Wert festzusetzen.
Sollte im Laufe
2025, nach Vorlage aller endgültigen Messbescheide, die Aufkommensneutralität
eine Hebesatzerhöhung notwendig machen, kann die Erhöhung der Hebesätze bis
30.06.2025 erfolgen.
20 v. H. bedeutet
eine geringe Erhöhung der Belastung für die Bürger, die aus Sicht der Gemeinde
vertretbar ist, auch aus dem Hintergrund der finanziellen Situation der
Gemeinde.
Im Haupt- und
Finanzausschuss am 24.10.2024 wurde beraten den Hebesatz der Gewerbesteuer auf
330 v. H. zu erhöhen.
Die Gemeinde
Gelbensande liegt derzeit in der Grundsteuer A und B sowie der Gewerbesteuer
unter dem Nivellierungshebesatz.
Nach der
Neufestsetzung ab 2025 liegt die Gemeinde deutlich um dem Nivellierungssatz,
muss aber ihre Umlagen auf Nivellierungsniveau zahlen.
Finanzierung:
Festsetzung auf Grundlage der
Aufkommensneutralität