Betreff
Beschluss der Gemeindevertretung Rövershagen über die Zahlung von Schullastenausgleich für Schüler/innen an der Kooperativen Gesamtschule Rövershagen
Vorlage
VZD/2525/2022/GRÖ
Art
BV Gemeinden

Beschlussvorschlag 1:

 

Die Gemeindevertretung Rövershagen beschließt, der Aufforderung des Landkreises Rostock als

Träger der Kooperativen Gesamtschule Rövershagen nachzukommen und die rückwirkend in

Rechnung gestellte Abschlagszahlung in Höhe von 117.154,40€ für 88 Schüler/innen (Kostensatz:

1.331,30€ je Schüler/in pro Jahr) für das Schuljahr 2020/21 zu begleichen. Die erforderlichen

finanziellen Mittel wurden im Haushalt 2022 vorsorglich auf dem Produktkonto 21803-5254300

eingestellt.

Auch die für das aktuelle Schuljahr 2021/22 noch ausstehende Abschlagsrechnung über

Schullastenausgleich wird nach Eingang und Prüfung entsprechend aus dem o.g. Produktkonto

beglichen.

 

 

Abstimmungsergebnis:

 

Gesetzliche Anzahl der Vertreter:

davon anwesend:

Zustimmung:

Ablehnung:

Enthaltung:

 

 

oder 

 

 

 

 

Beschlussvorschlag 2:

 

Die Gemeindevertretung Rövershagen beschließt, der Aufforderung des Landkreises Rostock als

Träger der Kooperativen Gesamtschule Rövershagen zunächst nicht nachzukommen und die

rückwirkend in Rechnung gestellte Abschlagszahlung in Höhe von 117.154,40€ für 88 Schüler/innen

(Kostensatz: 1.331,30€ je Schüler/in pro Jahr) für das Schuljahr 2020/21 nicht zu begleichen.

Der gesamte Sachverhalt wird auf den Rechtsanwalt Mesch übertragen, um einen

Widerspruchsbescheid vom Landkreis Rostock zu erwirken, damit dagegen Klage eingereicht werden

kann. Die Bürgermeisterin wird ermächtigt, den entsprechenden Auftrag zu erteilen.

 

 

Abstimmungsergebnis:

 

Gesetzliche Anzahl der Vertreter:

davon anwesend:

Zustimmung:

Ablehnung:

Enthaltung:

 


Sachverhalt:

 

Mit Schreiben vom 20.12.2021, im Amt Rostocker Heide eingegangen am 23.12.2021, hat das

Schulverwaltungs- und Kulturamt des Landkreises Rostock die Gemeinde Rövershagen darüber

informiert, dass der zum 01.01.2020 neu geschaffene rechtliche Handlungsrahmen im Schulgesetz M-V in Bezug auf die Berechnung des Schullastenausgleiches durch den Landkreis Rostock rückwirkend ab dem Schuljahr 2020/21 umgesetzt wird.

Demnach können laut § 115 (2) SchulG M-V für eine kooperative Gesamtschule in Trägerschaft des Landkreises Schulkostenbeiträge für Schüler/innen im Bildungsgang der Regionalen Schule von den Wohnsitzgemeinden erhoben werden.

Mit o.g. Schreiben wurde mitgeteilt, dass der Landkreis Rostock als Träger der kooperativen

Gesamtschule Rövershagen die Kann-Bestimmung umsetzen wird und den Schullastenausgleich für das Schuljahr 2020/21 rückwirkend in Rechnung stellen wird. Eine erste Planungsgröße (88

Schüler/innen á 1.331,30€) für das Schuljahr 2020/21 wurde mitgeteilt. Die konkrete Abrechnung

sollte in 01/2022 folgen.

 

Dieses Schreiben haben alle amtsgehörigen Gemeinden und auch die Gemeinde Graal-Müritz

erhalten.

Da der Unmut über die Vorgehensweise sehr groß war und die Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Zahlung in Frage gestellt wurde, wurde gemeinsam mit der Bürgermeisterin der Gemeinde Graal-Müritz, Frau Dr. Chelvier, zunächst eine Anfrage an den Städte- und Gemeindetag gestellt. Hier folgte die Rückmeldung, dass die Berechnung grundsätzlich möglich ist, die Einnahmen jedoch eine Reduzierung der Kreisumlage bedeuten müssten.

 

Mit Schreiben vom 13.01.2022 wurde ein gemeinsames Schreiben vom Amt Rostocker Heide und der Gemeinde Graal-Müritz an den Landkreis Rostock versandt, in welchem unter Bezugnahme der entsprechenden § des Schulgesetzes (siehe auch Stellungnahme der Verwaltung) die Verwunderung und Unverständnis geäußert wurde sowie um Darlegung der Auswirkungen auf die Kreisumlage gebeten wurde.

Eine entsprechende schriftliche Rückmeldung des Landkreises Rostock folgte am 31.01.2022. Hier wurde geäußert, der Landkreis habe „nie einen Zweifel daran aufkommen lassen, dass wir davon nicht Gebrauch machen werden. Entsprechende Ansätze sind auch in die Haushaltsplanung 2021/22

eingeflossen“. Des Weiteren wurde dargelegt, dass ein Kreistagsbeschluss nicht erforderlich sei und der Abrechnungstermin (31.07. eines jeden Jahres) aufgrund der Pandemie und den daraus

resultierenden Personalengpässen nicht eingehalten werden konnte. Ebenfalls sieht der Landkreis Rostock die Informationspflicht zur Umsetzung der Kann-Bestimmung mit dem Gesetzgebungsverfahren sowie mit der Schulgesetzänderung bereits abgegolten.

 

Mit Schreiben vom 01.02.2022, im Amt Rostocker Heide eingegangen am 07.02.2022, sind die

konkreten Abrechnungen eingegangen – mit einem Zahlungsziel bis zum 15.03.2022.

 

Per E-Mail wurden am 10.02.2022 alle o.g. Schreiben sowie die Abrechnung und ein Widerspruch (als Entwurf) an den Rechtsanwalt gesandt, mit der Bitte um Prüfung und Rückmeldung. Diese erfolgte am 03.03.2022, mit der Aussage, dass der Widerspruch als Verteidigung gegen die rückwirkende Erhebung der Schulkostenbeiträge so vorgenommen werden kann. Daraufhin wurde am 08.03.2022 Widerspruch beim Landkreis Rostock eingereicht (unterzeichnet durch die Bürgermeisterin sowie der Leiterin der Abteilung Zentrale Dienste).

 

Nach einer Eingangsbestätigung vom 14.03.2022 erfolgte die schriftliche Rückmeldung hierzu am 12.05.2022. In dieser wurde durch den Landkreis Rostock lediglich mitgeteilt, dass es sich bei der Erhebung von Schulkostenbeiträgen nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch handelt und alles Weitere zur Verfahrensweise bereits in vorherigem Schreiben erläutert wurde.

Auch dieses Schreiben wurde an den Rechtsanwalt gesandt, mit der Bitte um Handlungsempfehlung.

 

Eine entsprechende Rückmeldung erfolgte am 24.05.2022 mit dem Ergebnis, dass der Sachverhalt nicht sicher eingeschätzt werden kann. Es besteht für die Gemeinde die Möglichkeit der geforderten rückwirkenden Zahlung des Schullastenausgleiches oder eines gerichtlichen Verfahrens.

 

 

Stellungnahme der Verwaltung:

 

Mit Schreiben vom 20.12.2021 teilte der Landkreis Rostock mit, dass rückwirkend für das Schuljahr 2020/21 Schullastenausgleich von den Wohnsitzgemeinden für die Schüler/innen im Bildungsgang der Regionalen Schule der KGS Rövershagen erhoben wird.

Entsprechend § 115 Abs. 2 Schulgesetz M-V heißt es, dass für eine kooperative Gesamtschule in Trägerschaft des Landkreises Schulkostenbeiträge für die Schülerinnen und Schüler von den

Gemeinden auf dem Gebiet des Landkreises erhoben werden können, in denen diese Schülerinnen und Schüler ihren Wohnsitz oder, soweit ein solcher nicht besteht, ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Mit o.g. Schreiben teilte der Landkreis Rostock mit, dass dieses neue Abrechnungsverfahren erstmals rückwirkend für das Schuljahr 2020/21 angewendet wird.

 

In § 5 Schullastenausgleichsverordnung M-V heißt es, dass der aufnehmende Schulträger

unverzüglich die abgebenden Schulträger und die entsendenden Gemeinden, Landkreise und

kreisfreien Städte unterrichtet, wenn sich für den Schulkostenbeitrag wesentliche Änderungen

ankündigen, damit diese möglichst frühzeitig in den Haushalt eingeplant werden können.

Der neue rechtliche Handlungsrahmen in Bezug auf die Abrechnung des Schullastenausgleiches

wurde bereits mit der Novellierung des Schulgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (SchulG M-V) zum 01.01.2020 geschaffen.

Damit hätte eine Unterrichtung der Gemeinde Rövershagen spätestens im Herbst 2020 (zur

Haushaltsplanung 2021) erfolgen müssen, da diese Unterrichtung keine Kann-Bestimmung darstellt und die erstmalige Erhebung des Schullastenausgleiches eindeutig eine wesentliche Änderung darstellt. Diese Unterrichtung ist jedoch nicht erfolgt.

 

Auch im Herbst 2021 hat eine Unterrichtung der Gemeinde Rövershagen (zur Haushaltsplanung

2022) nicht stattgefunden. Diese Unterrichtung ist erst mit Schreiben vom 20.12.2021, eingegangen am 23.12.2021, erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Haushaltsplanungen 2022 bereits in der Endphase.

Da die Erhebung von Schulkostenbeiträgen laut des o.g. § 115 Abs. 2 Schulgesetz M-V eine Kann-Bestimmung darstellt und durch den Landkreis Rostock keinerlei Informationen seit dem 01.01.2020 an die Gemeinde Rövershagen als Wohnsitzgemeinde erfolgt sind, dass/ob eine Erhebung erfolgt, kann von einer Erfüllung der Informationspflicht keine Rede sein.

Durch den Landkreis Rostock wurde erst mit Schreiben vom 20.12.2021 geäußert, dass von der

Kann-Bestimmung Gebrauch gemacht wird und Schulkostenbeiträge erhoben werden.

 

Diese allgemeine Information hätte deutlich früher erfolgen können. Sogar die der Abrechnung des Schullastenausgleiches beigefügte Teilergebnisrechnung wurde bereits am 22.04.2021 erstellt. Auch die Erträge der Schulkostenbeiträge wurden laut Rückmeldung des Landkreises Rostock bereits zur Haushaltsplanung 2021/22 berücksichtigt (wodurch es zu keiner Änderung der Kreisumlage kommt). Dies stellt nur noch einmal deutlich dar, dass eine Unterrichtung der Gemeinde Rövershagen möglich gewesen wäre. Als Grundlage für die Ertragsplanung zur Haushaltsplanung 2021/22 müssen die Werte – zumindest als Grobkostenschätzung – bereits bekannt gewesen sein.

 

Laut § 3 Satz 1 Schullastenausgleichsverordnung M-V soll der Schullastenausgleich von den

anspruchsberechtigten Schulträgern spätestens zum 31. Juli eines jeden Jahres

(Erhebungstermin), mindestens als Abschlagszahlung, erhoben werden, soweit zwischen den

Beteiligten nicht anderes vereinbart ist.

Da zwischen der Gemeinde Rövershagen als Wohnsitzgemeinde und dem Landkreis Rostock keine separate Vereinbarung abgeschlossen wurde, hätte die Abschlagszahlung zum Schullastenausgleich des Schuljahres 2020/21 spätestens zum 31. Juli 2021 erfolgen sollen. Dieses ist jedoch ebenfalls nicht erfolgt; auch nicht als Abschlagszahlung.

 

Dadurch ist im Schulgesetz eindeutig geregelt, dass die Gemeinde grundsätzlich zur Zahlung der

Schulkostenbeiträge verpflichtet ist. Fraglich ist jedoch, ob die Aufforderung zur rückwirkenden

Zahlung aufgrund der unterlassenen Informationspflicht, der verspäteten Rechnungslegung sowie des fehlenden Bescheides tatsächlich rechtskräftig ist.

Hierzu kann auch der Rechtsanwalt keine eindeutige Aussage tätigen. Folgende abschließende

Rückmeldung liegt aktuell vor:

wir haben die Schreiben gesichtet und können nicht sicher einschätzen, ob tatsächlich für den

Schullastenausgleich von einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zwischen den

Verwaltungsträgern auszugehen sei.

Die vom Landkreis zitierte Entscheidung des VG Schwerin von 2003 konnten wir nicht auffinden, da

diese für unsere Recherchemöglichkeiten nicht zugänglich veröffentlicht ist. Da diese Entscheidung aber zum alten SchulG M-V erging, muss die Richtigkeit der Aussage vom Landkreis nicht zwingend sein. Das VG Schwerin hat im Zusammenhang mit der Ihnen schon am 03.03.2022 mitgeteilten Entscheidung folgendes ausgeführt:

„Die Erhebung von Schulkostenbeiträgen ohne Eingriffsgrundlage kommt auch zwischen den hier

streitenden Trägern öffentlich-rechtlicher Gewalt schon wegen des Rechtes der Klägerin aus § 2

Abs. 1 KV M-V, Art. 72 Abs. 1 Verf M-V und Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG auf Selbstverwaltung nicht in

Betracht (Vorbehalt des Gesetzes), insbesondere nicht neben der bestehenden gesetzlichen

Regelung (Vorrang des Gesetzes).“Demnach dürfte mehr dafür sprechen, dass hier die Erhebung und Festsetzung im Bescheidswege zu erfolgen hätte. Insofern bleiben zwei Wege. Entweder man teilt dem LK diese Rechtsauffassung mit, dass über den Widerspruch zu entscheiden sei oder der LK soll die Gemeinde auf Zahlung, ggfls. erstmal nur wegen eines Teilbetrages und nur eine Gemeinde als Art „Musterverfahren“ gerichtlich in Anspruch nehmen. Ob tatsächlich eine rückwirkende Zahlungspflicht besteht, können wir nicht verbindlich einschätzen. Insofern verbleit es bei unseren Ausführungen in der o.g. E-Mail.

 

Das Zahlungsziel wurde durch den Landkreis Rostock vom 15.03.2022 auf den 30.06.2022

verlängert. Dennoch wird nunmehr ein Beschluss der Gemeindevertretung zum weiteren Vorgehen benötigt. Es muss eine Entscheidung getroffen werden, ob die rückwirkende Zahlung des Schullastenausgleiches für das Schuljahr 2020/21 erfolgen soll (die Gesamtsumme beläuft sich auf 117.154,40€) oder ob ein Rechtsanwalt zur weiteren Klärung beauftragt werden soll.


Finanzierung:

 

Für die Zahlung von Schullastenausgleich sind auf dem Konto 21803-5254300 finanzielle Mittel in Höhe von 234.400€ eingestellt (rückwirkend für das Schuljahr 2020/21 und für das Schuljahr 2021/22).

 

 

Stellungnahme des Haupt- und Finanzausschusses vom 20.06.2022:

 

Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt der Gemeindevertretung Rövershagen mit 4 Ja-Stimmen, 0 Nein-Stimmen und 0-Stimmenenthaltungen, der Aufforderung des Landkreises Rostock als Träger der Kooperativen Gesamtschule Rövershagen zunächst nicht nachzukommen und die rückwirkend in Rechnung gestellte Abschlagszahlung in Höhe von 117.154,40€ für 88 Schüler/innen

(Kostensatz: 1.331,30€ je Schüler/in pro Jahr) für das Schuljahr 2020/21 nicht zu begleichen.

Sollte der Landkreis Rostock gegen die Gemeinde Rövershagen wegen Nichtzahlung Klage erheben, wird Rechtsanwalt Mesch beauftragt, die Interessen der Gemeinde zu vertreten.

Die Bürgermeisterin wird ermächtigt, den entsprechenden Auftrag zu erteilen.