Beschlussvorschlag 1:
Die Gemeindevertretung Rövershagen beschließt,
der Aufforderung des Landkreises Rostock als
Träger der Kooperativen Gesamtschule
Rövershagen nachzukommen und die rückwirkend in
Rechnung gestellte Abschlagszahlung in Höhe von
117.154,40€ für 88 Schüler/innen (Kostensatz:
1.331,30€ je Schüler/in pro Jahr) für das
Schuljahr 2020/21 zu begleichen. Die erforderlichen
finanziellen Mittel wurden im Haushalt 2022
vorsorglich auf dem Produktkonto 21803-5254300
eingestellt.
Auch die für das aktuelle Schuljahr 2021/22
noch ausstehende Abschlagsrechnung über
Schullastenausgleich wird nach Eingang und
Prüfung entsprechend aus dem o.g. Produktkonto
beglichen.
Abstimmungsergebnis:
Gesetzliche Anzahl der Vertreter:
davon anwesend:
Zustimmung:
Ablehnung:
Enthaltung:
oder
Beschlussvorschlag 2:
Die Gemeindevertretung Rövershagen beschließt,
der Aufforderung des Landkreises Rostock als
Träger der Kooperativen Gesamtschule
Rövershagen zunächst nicht nachzukommen und die
rückwirkend in Rechnung gestellte
Abschlagszahlung in Höhe von 117.154,40€ für 88 Schüler/innen
(Kostensatz: 1.331,30€ je Schüler/in pro Jahr)
für das Schuljahr 2020/21 nicht zu begleichen.
Der gesamte Sachverhalt wird auf den
Rechtsanwalt Mesch übertragen, um einen
Widerspruchsbescheid vom Landkreis Rostock zu
erwirken, damit dagegen Klage eingereicht werden
kann. Die Bürgermeisterin wird ermächtigt, den
entsprechenden Auftrag zu erteilen.
Abstimmungsergebnis:
Gesetzliche Anzahl der Vertreter:
davon anwesend:
Zustimmung:
Ablehnung:
Enthaltung:
Sachverhalt:
Mit Schreiben vom 20.12.2021, im Amt Rostocker Heide eingegangen am
23.12.2021, hat das
Schulverwaltungs- und Kulturamt des Landkreises Rostock die Gemeinde
Rövershagen darüber
informiert, dass der zum 01.01.2020 neu geschaffene rechtliche
Handlungsrahmen im Schulgesetz M-V in Bezug auf die Berechnung des
Schullastenausgleiches durch den Landkreis Rostock rückwirkend ab dem Schuljahr
2020/21 umgesetzt wird.
Demnach können laut § 115 (2) SchulG M-V für eine kooperative
Gesamtschule in Trägerschaft des Landkreises Schulkostenbeiträge für
Schüler/innen im Bildungsgang der Regionalen Schule von den Wohnsitzgemeinden
erhoben werden.
Mit o.g. Schreiben wurde mitgeteilt, dass der Landkreis Rostock als
Träger der kooperativen
Gesamtschule Rövershagen die Kann-Bestimmung umsetzen wird und den
Schullastenausgleich für das Schuljahr 2020/21 rückwirkend in Rechnung stellen
wird. Eine erste Planungsgröße (88
Schüler/innen á 1.331,30€) für das Schuljahr 2020/21 wurde mitgeteilt.
Die konkrete Abrechnung
sollte in 01/2022 folgen.
Dieses Schreiben haben alle amtsgehörigen Gemeinden und auch die Gemeinde
Graal-Müritz
erhalten.
Da der Unmut über die Vorgehensweise sehr groß war und die Rechtmäßigkeit
der rückwirkenden Zahlung in Frage gestellt wurde, wurde gemeinsam mit der
Bürgermeisterin der Gemeinde Graal-Müritz,
Frau Dr. Chelvier, zunächst
eine Anfrage an den Städte-
und Gemeindetag gestellt. Hier folgte die Rückmeldung, dass die Berechnung
grundsätzlich möglich ist, die Einnahmen jedoch eine Reduzierung der
Kreisumlage bedeuten müssten.
Mit Schreiben vom 13.01.2022 wurde ein gemeinsames Schreiben vom Amt
Rostocker Heide und der Gemeinde Graal-Müritz an den Landkreis Rostock
versandt, in welchem unter Bezugnahme der entsprechenden § des Schulgesetzes
(siehe auch Stellungnahme der Verwaltung) die Verwunderung und Unverständnis
geäußert wurde sowie um Darlegung der Auswirkungen auf die Kreisumlage gebeten
wurde.
Eine entsprechende schriftliche Rückmeldung des Landkreises Rostock
folgte am 31.01.2022. Hier wurde geäußert, der Landkreis habe „nie einen
Zweifel daran aufkommen lassen, dass wir davon nicht Gebrauch machen werden.
Entsprechende Ansätze sind auch in die Haushaltsplanung 2021/22
eingeflossen“. Des Weiteren wurde dargelegt, dass ein Kreistagsbeschluss
nicht erforderlich sei und der Abrechnungstermin (31.07. eines jeden Jahres)
aufgrund der Pandemie und den daraus
resultierenden Personalengpässen nicht eingehalten werden konnte. Ebenfalls
sieht der Landkreis Rostock die Informationspflicht zur Umsetzung der
Kann-Bestimmung mit dem Gesetzgebungsverfahren sowie mit der
Schulgesetzänderung bereits abgegolten.
Mit Schreiben vom 01.02.2022, im Amt Rostocker Heide eingegangen am
07.02.2022, sind die
konkreten Abrechnungen eingegangen – mit einem Zahlungsziel bis zum
15.03.2022.
Per E-Mail wurden am 10.02.2022 alle o.g. Schreiben sowie die Abrechnung
und ein Widerspruch (als Entwurf) an den Rechtsanwalt gesandt, mit der Bitte um
Prüfung und Rückmeldung. Diese erfolgte am 03.03.2022, mit der Aussage, dass
der Widerspruch als Verteidigung gegen die rückwirkende Erhebung der
Schulkostenbeiträge so vorgenommen werden kann. Daraufhin wurde am 08.03.2022
Widerspruch beim Landkreis Rostock eingereicht (unterzeichnet durch die
Bürgermeisterin sowie der Leiterin der Abteilung Zentrale Dienste).
Nach einer Eingangsbestätigung vom 14.03.2022 erfolgte die schriftliche
Rückmeldung hierzu am 12.05.2022. In dieser wurde durch den Landkreis Rostock
lediglich mitgeteilt, dass es sich bei der Erhebung von Schulkostenbeiträgen
nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch handelt und alles Weitere zur Verfahrensweise bereits in
vorherigem Schreiben erläutert wurde.
Auch dieses Schreiben wurde an den Rechtsanwalt gesandt, mit der Bitte um
Handlungsempfehlung.
Eine entsprechende Rückmeldung erfolgte am 24.05.2022 mit dem Ergebnis,
dass der Sachverhalt nicht sicher eingeschätzt werden kann. Es besteht für die
Gemeinde die Möglichkeit der geforderten rückwirkenden Zahlung des
Schullastenausgleiches oder eines gerichtlichen Verfahrens.
Stellungnahme der Verwaltung:
Mit Schreiben vom 20.12.2021 teilte der
Landkreis Rostock mit, dass rückwirkend für das Schuljahr 2020/21
Schullastenausgleich von den Wohnsitzgemeinden für die Schüler/innen im
Bildungsgang der Regionalen Schule der KGS Rövershagen erhoben wird.
Entsprechend § 115 Abs. 2 Schulgesetz M-V heißt
es, dass für eine kooperative Gesamtschule in Trägerschaft des Landkreises
Schulkostenbeiträge für die Schülerinnen und Schüler von den
Gemeinden auf dem Gebiet des Landkreises
erhoben werden können, in denen diese Schülerinnen und Schüler
ihren Wohnsitz oder, soweit ein solcher nicht besteht, ihren gewöhnlichen Aufenthalt
haben.
Mit o.g. Schreiben teilte der Landkreis Rostock
mit, dass dieses neue Abrechnungsverfahren erstmals rückwirkend für das
Schuljahr 2020/21 angewendet wird.
In § 5 Schullastenausgleichsverordnung M-V
heißt es, dass der aufnehmende Schulträger
unverzüglich die abgebenden
Schulträger und die entsendenden Gemeinden, Landkreise und
kreisfreien Städte unterrichtet, wenn
sich für den Schulkostenbeitrag wesentliche Änderungen
ankündigen, damit diese möglichst frühzeitig in
den Haushalt eingeplant werden können.
Der neue rechtliche Handlungsrahmen in Bezug
auf die Abrechnung des Schullastenausgleiches
wurde bereits mit der Novellierung des
Schulgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (SchulG M-V) zum 01.01.2020 geschaffen.
Damit hätte eine Unterrichtung der Gemeinde
Rövershagen spätestens im Herbst 2020 (zur
Haushaltsplanung 2021) erfolgen müssen, da
diese Unterrichtung keine Kann-Bestimmung darstellt und die erstmalige Erhebung
des Schullastenausgleiches eindeutig eine wesentliche Änderung darstellt. Diese
Unterrichtung ist jedoch nicht erfolgt.
Auch im Herbst 2021 hat eine
Unterrichtung der Gemeinde Rövershagen (zur Haushaltsplanung
2022) nicht stattgefunden. Diese Unterrichtung
ist erst mit Schreiben vom 20.12.2021, eingegangen am 23.12.2021, erfolgt. Zu
diesem Zeitpunkt waren die Haushaltsplanungen 2022 bereits in der Endphase.
Da die Erhebung von Schulkostenbeiträgen laut
des o.g. § 115 Abs. 2 Schulgesetz M-V eine Kann-Bestimmung darstellt und
durch den Landkreis Rostock keinerlei Informationen seit dem 01.01.2020 an die
Gemeinde Rövershagen als Wohnsitzgemeinde erfolgt sind, dass/ob eine Erhebung
erfolgt, kann von einer Erfüllung der Informationspflicht keine Rede sein.
Durch den Landkreis Rostock wurde erst mit
Schreiben vom 20.12.2021 geäußert, dass von der
Kann-Bestimmung Gebrauch gemacht wird und
Schulkostenbeiträge erhoben werden.
Diese allgemeine Information hätte deutlich
früher erfolgen können. Sogar die der Abrechnung des Schullastenausgleiches
beigefügte Teilergebnisrechnung wurde bereits am 22.04.2021 erstellt. Auch die
Erträge der Schulkostenbeiträge wurden laut Rückmeldung des Landkreises Rostock
bereits zur Haushaltsplanung 2021/22 berücksichtigt (wodurch es zu keiner
Änderung der Kreisumlage kommt). Dies stellt nur noch einmal deutlich dar, dass
eine Unterrichtung der Gemeinde Rövershagen möglich gewesen wäre. Als Grundlage
für die Ertragsplanung zur Haushaltsplanung 2021/22 müssen die Werte –
zumindest als Grobkostenschätzung – bereits bekannt gewesen sein.
Laut § 3 Satz 1 Schullastenausgleichsverordnung
M-V soll der Schullastenausgleich von den
anspruchsberechtigten Schulträgern spätestens
zum 31. Juli eines jeden Jahres
(Erhebungstermin), mindestens als
Abschlagszahlung, erhoben werden, soweit zwischen den
Beteiligten nicht anderes vereinbart ist.
Da zwischen der Gemeinde Rövershagen als
Wohnsitzgemeinde und dem Landkreis Rostock keine separate Vereinbarung
abgeschlossen wurde, hätte die Abschlagszahlung zum Schullastenausgleich des
Schuljahres 2020/21 spätestens zum 31. Juli 2021 erfolgen sollen. Dieses
ist jedoch ebenfalls nicht erfolgt; auch nicht als Abschlagszahlung.
Dadurch ist im Schulgesetz eindeutig geregelt,
dass die Gemeinde grundsätzlich zur Zahlung der
Schulkostenbeiträge verpflichtet ist. Fraglich
ist jedoch, ob die Aufforderung zur rückwirkenden
Zahlung aufgrund der unterlassenen
Informationspflicht, der verspäteten Rechnungslegung sowie des fehlenden
Bescheides tatsächlich rechtskräftig ist.
Hierzu kann auch der Rechtsanwalt keine eindeutige
Aussage tätigen. Folgende abschließende
Rückmeldung liegt aktuell vor:
„wir
haben die Schreiben gesichtet und können nicht sicher einschätzen, ob
tatsächlich für den
Schullastenausgleich von einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch
zwischen den
Verwaltungsträgern auszugehen sei.
Die vom Landkreis zitierte Entscheidung des VG Schwerin von 2003 konnten
wir nicht auffinden, da
diese für unsere Recherchemöglichkeiten nicht zugänglich veröffentlicht
ist. Da diese Entscheidung aber zum alten SchulG M-V erging, muss die
Richtigkeit der Aussage vom Landkreis nicht zwingend sein. Das VG Schwerin hat
im Zusammenhang mit der Ihnen schon am 03.03.2022 mitgeteilten Entscheidung
folgendes ausgeführt:
„Die Erhebung von Schulkostenbeiträgen ohne Eingriffsgrundlage kommt auch
zwischen den hier
streitenden Trägern öffentlich-rechtlicher Gewalt schon wegen des Rechtes
der Klägerin aus § 2
Abs. 1 KV M-V, Art. 72 Abs. 1 Verf M-V und Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG auf
Selbstverwaltung nicht in
Betracht (Vorbehalt des Gesetzes), insbesondere nicht neben der
bestehenden gesetzlichen
Regelung (Vorrang des Gesetzes).“Demnach dürfte mehr dafür sprechen, dass
hier die Erhebung und Festsetzung im Bescheidswege zu erfolgen hätte. Insofern
bleiben zwei Wege. Entweder man teilt dem LK diese Rechtsauffassung mit, dass
über den Widerspruch zu entscheiden sei oder der LK soll die Gemeinde auf
Zahlung, ggfls. erstmal nur wegen eines Teilbetrages und nur eine Gemeinde als
Art „Musterverfahren“ gerichtlich in Anspruch nehmen. Ob tatsächlich eine
rückwirkende Zahlungspflicht besteht, können wir nicht verbindlich einschätzen.
Insofern verbleit es bei unseren Ausführungen in der o.g. E-Mail.“
Das Zahlungsziel wurde durch den Landkreis
Rostock vom 15.03.2022 auf den 30.06.2022
verlängert. Dennoch wird nunmehr ein Beschluss der Gemeindevertretung zum weiteren Vorgehen benötigt. Es muss eine Entscheidung getroffen werden, ob die rückwirkende Zahlung des Schullastenausgleiches für das Schuljahr 2020/21 erfolgen soll (die Gesamtsumme beläuft sich auf 117.154,40€) oder ob ein Rechtsanwalt zur weiteren Klärung beauftragt werden soll.
Finanzierung:
Für die Zahlung von Schullastenausgleich sind
auf dem Konto 21803-5254300 finanzielle Mittel in Höhe von 234.400€ eingestellt
(rückwirkend für das Schuljahr 2020/21 und für das Schuljahr 2021/22).
Stellungnahme des Haupt- und Finanzausschusses vom 20.06.2022:
Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt der
Gemeindevertretung Rövershagen mit 4 Ja-Stimmen, 0 Nein-Stimmen und
0-Stimmenenthaltungen, der Aufforderung des Landkreises Rostock als Träger der
Kooperativen Gesamtschule Rövershagen zunächst nicht nachzukommen und
die rückwirkend in Rechnung gestellte Abschlagszahlung in Höhe von 117.154,40€
für 88 Schüler/innen
(Kostensatz: 1.331,30€ je Schüler/in pro Jahr)
für das Schuljahr 2020/21 nicht zu begleichen.
Sollte der Landkreis Rostock gegen die Gemeinde Rövershagen wegen
Nichtzahlung Klage erheben, wird Rechtsanwalt Mesch beauftragt, die Interessen
der Gemeinde zu vertreten.
Die Bürgermeisterin wird ermächtigt, den entsprechenden Auftrag zu erteilen.