Betreff
Beschluss der Gemeindevertretung Gelbensande über den Antrag auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang gem. Fernwärmesatzung der Gemeinde Gelbensande
Vorlage
VBE/2022/2022/GGE
Aktenzeichen
Entscheidung Befr. Fernwärme
Art
BV Gemeinden

Beschlussvorschlag:

 

Die Gemeindevertretung der Gemeinde Gelbensande beschließt den Antrag auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang der öffentlichen Fernwärmeversorgung der Gemeinde Gelbensande für das Grundstück Gemarkung Gelbensande, Flur 6, Flurstück 30/42 auf Grund der nachgewiesenen Erfüllung der Befreiungstatbestände gem. des § 6 (4) Satzungen über die öffentliche Versorgung mit Fernwärme der Gemeinde Gelbensande vom …. (hier bei Beschlussfassung das Datum der Satzung eintragen die in Kraft ist) zuzustimmen.

 

 

Abstimmungsergebnis:

 

Gesetzliche Anzahl der Vertreter:

Davon anwesend:

Zustimmung:

Ablehnung:

Enthaltung:

 


Sachverhalt:

 

Mit Schreiben vom 23.11.2021, eingegangen beim Bürgermeister der Gemeinde Gelbensande am 08. 12.2021, beantragten die Eigentümer das Grundstückes Gemarkung Gelbensande, Flur 6, Flurstück 30/42, die Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang der öffentlichen Fernwärmeversorgung der Gemeinde Gelbensande.

Das Grundstück ist bebaut und ist an der Fernwärmeversorgung angeschlossen.

Im Rahmen der geplanten Gebäudeerweiterung möchte der Antragsteller sich von der öffentlichen Fernwärmeversorgung abkoppeln und das Gebäude mit einer grundstücksbezogenen neuen Heizungsanlage ausstatten.

Geplant ist eine Luft-Wasser-Wärmepumpe und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Außerdem soll eine Photovoltaikanlage mit Stromspeicher installiert werden.

Begründet wurde der Antrag mit der § 6 Punkt 4 der Satzung über die öffentliche Versorgung mit Fernwärme in der Gemeinde Gelbensande-

 

Mit Beschluss VBE/1995/2022/GGE fasste die Gemeindevertretung der Gemeinde Gelbensande auf Ihrer Sitzung am 20.01.2022 den zur o.g. Satzung klarstellenden Beschluss, dass der für die Erfüllung des Befreiungstatbestandes geforderte Nachweis von einem unabhängigen Gutachter nachzuweisen ist. 

Am 23.03.2022 lagen die geforderten Unterlagen nach er- und aufklärender Rücksprache zwischen Gutachter und Verwaltung in der Form vor, die eine weitere Bearbeitung ermöglichte.

 

Jürgen Holzke vom Ingenieurbüro eConsult aus Rostock führte den Nachweis gemäß Fernwärmesatzung und bestätigte dass er in diesem Fall als neutraler Gutachter tätig war.

 

Herr Holzke wies nach, dass mit der geplanten grundstücksbezogenen neuen Heizungsanlage der Gesamtwärmebedarf zu mehr als 80% durch regenerative Energiequellen gedeckt wird und die Kohlendioxidbilanz günstiger ausfällt als die der öffentlichen Fernwärmeversorgung.

 

Nachfolgend die konkrete Aussage von Herrn Holzke:

 

 

 

 

 

Fachlicher Standpunkt zu der Angelegenheit CO2-Ausstoß EVG Fernwärme/Wärmepumpe mit E.ON Strom Öko Plus:

Gemäß dem in der Anlage enthaltenen Ausdruck aus dem GEG (Gebäudeenergiegesetz) vom 13.08.2020 sind die CO2-Äquivalente festgelegt worden.

 Daraus ergibt sich für den Ökostrom von EON:

 

Energieträger                         Anteil               CO2 in g/kWh

Photovoltaik                           20,82%                         0

Wasserkraft                              7,4%                           0

Windkraft                                53,38%                         0

Biomasse                               18,4%                         11

Resultierend                           100%                          11

 

 Analog ergibt sich für die Fernwärme Gelbensande (Durchschnitt 2018-2020):

 

Energieträger                         Anteil               CO2 in g/kWh

Gasförmige und flüssige           4 %                     

Brennstoffe                                                                  7

Biomasse                                96 %                           38

Resultierend                          100 %                           45

  

Der resultierende CO2-Ausstoss der Fernwärme EVG beträgt 45 g CO2/kWh,

Dagegen besitzt der Ökostrom EON nachweislich einen CO2-Ausstoss von 11 g/kWh und

liegt damit 75% unter dem der Fernwärme Gelbensande. 

Dies hat seine Ursache darin, dass der EON-Ökostrom zu 82% CO2-neutral produziert wird.

 

Hiermit bestätige ich nochmals, dass ich in diesem Fall neutral als Gutachter tätig bin.

Ein wirtschaftliches Interesse am Vertrieb, Planung oder Umsetzung eines Projektes eines der

in diesem Zusammenhang Beteiligten bestand und besteht nicht.

 

 

Stellungnahme der Verwaltung:

 

Nun hat die Gemeindevertretung Gelbensande am 07.04.2022 die Neufassung der Satzung über die Änderung der Satzung über die öffentliche Versorgung mit Fernwärme in der Gemeinde Gelbensande beschlossen. Mit In-Kraft-Treten der Neufassung tritt die Satzung vom 25.01.2012 außer Kraft

 

Ob die Neufassung der Satzung zum Ladungstermin zum Bauausschuss (21.04.2022) bzw. zum Bauausschusses selbst (28.04.2022) bereits in Kraft ist, ist nicht eindeutig zu bejahen, zur GVS am 19.05.2022 ist jedoch davon auszugehen.

 

Die Verwaltung hat sich für die vorliegende Konstellation:

 

Antragstellung und Vorlage der kompletten Antragsunterlagen zum Zeitpunkt der „alten“ Satzung,

 

Bauausschuss berät wahrscheinlich auch noch im Geltungszeitraum der „alten“ Satzung über den Antrag.

 

Der über den Antrag entscheidende Beschluss wird jedoch zu einem Zeitpunkt gefasst, in dem die „neue“ Satzung in Kraft ist, gefasst.

Welche Rechtsgrundlage ist bei der Entscheidung anzuwenden?

 

rechtliche Unterstützung vom RA-Büro Hoinkis und Partner, die das ARH in Rechtsangelegenheiten berät, mit folgendem Ergebnis eingeholt:

 

Maßgebend für den Antrag auf Befreiung vom Anschlusszwang (Verpflichtungsanspruch) ist die materielle Sach- und Rechtslage, die zum Zeitpunkt über die Entscheidung des Antrages gilt.

Insofern wäre dies hier die neue Satzung mit den ggfls. abweichenden Regelungen zur Alt-Satzung.

 

Wenn sich gravierende Änderungen in der neuen Satzung ggü. der Alt-Satzung ergeben, die zu unterschiedlichen Ergebnissen bei dem Antrag auf Befreiung führen könnten, dann sollte aus unserer Sicht der Bauausschuss am 28.04.2022 nicht über den Befreiungsantrag vorberaten, wenn die neue Satzung noch nicht in Kraft ist, aber am 19.05.2022 dies schon wäre.

Insofern wäre über eine Rückstellung des Antrages nachzudenken. Wenn aber die Zeit für den Antragssteller drängt, ist es aus unserer Sicht unschädlich, wenn der Bauausschuss unter Berücksichtigung der neuen Satzung sein Vorvotum für die GV abgibt.

Alternativ soll er zu beiden Rechtslagen (bei abweichenden Ergebnissen/Ausnahmetatbeständen) befinden, falls die neue Satzung auch nicht bis zum 19.05.2022 in Kraft ist.

 

Da zumindest hinsichtlich der Beurteilung des Antrag auf Befreiung vom Anschluss und Benutzungszwang sich die Befreiungstatbestände und die zu erfüllenden Kriterien (§6 (4)) nicht geändert haben, kann aus Sicht der Verwaltung der erbrachte Nachweis der Erfüllung der Befreiungstatbestände anerkannt werden.

 

Aus der Forderung der neuen Satzung, dass der Nachweis durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen zu erbringen ist, würde aus Sicht der Verwaltung für den Antragsteller eine Härte entstehen, die nicht gerechtfertigt wäre, zumal sich das Ergebnis dadurch nicht ändern wird.

Dieser Antrag ist parallel zur Satzungsüberarbeitung mit dem Ergebnis der Neufassung „gelaufen“.

 

Dieses Herangehen sollte auch für die neuen Forderung aus § 6 (2) der „neuen“ Satzung- Befreiung muss für die Gemeinde wirtschaftlich zumutbar sein – gelten.

 

Die beschriebenen Fakten sind nicht vorbildgebend und nicht wiederholbar – es ist eine Einzelfallentscheidung.

 

Allerdings sei darauf verwiesen, dass bei nachfolgenden Befreiungsanträgen für Einzelgrundstücke und bei Erfüllung der Befreiungstatbestände dann auch der Fakt der wirtschaftlichen Zumutbarkeit eine wesentliche Rolle spielen wird!

 

Die Verwaltung empfiehlt der Gemeindevertretung den vorliegenden Antrag basierend auf der Antragsbegründung des § 6 (4) (beider) Satzungen über die öffentliche Versorgung mit Fernwärme der Gemeinde Gelbensande und der Erfüllung der Befreiungstatbestände zuzustimmen, sowohl für die „alte“ als auch die „neue“ Satzung, da die Befreiungstatbestände erfüllt sind.


Stellungnahme des Bauausschusses vom 28.04.2022:

 

Der Bauausschuss empfiehlt der Gemeindevertretung Gelbensande mit 3 Ja-Stimmen,

0 Nein-Stimmen und 2-Stimmenenthaltungen, den Antrag auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang der öffentlichen Fernwärmeversorgung der Gemeinde Gelbensande für das Grundstück Gemarkung Gelbensande, Flur 6, Flurstück 30/42 auf Grund der nachgewiesenen Erfüllung der Befreiungstatbestände gem. des § 6 (4) Satzungen über die öffentliche Versorgung mit Fernwärme der Gemeinde Gelbensande vom …. (hier bei Beschlussfassung das Datum der Satzung eintragen die in Kraft ist) zuzustimmen