Sitzung: 23.05.2019 Gemeindevertretung Gelbensande
Beschluss: geändert beschlossen
Abstimmung: Ja: 11, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Beschluss:
Die Gemeindevertretung Gelbensande beschließt
das folgende Schreiben (mit den folgenden Änderungen/Ergänzungen) und nach
Unterschrift aller Gemeindevertreter an das Ministerium für Landwirtschaft und
Umwelt M-V zu senden, um die Gemeinde von den Sanierungskosten für die ALF 7
Fläche des Osmosegeländes zu befreien:
Landesliegenschaft
Altstandort ehemaliger Holztränkplatz „Osmose
Gelbensande
Altlastensanierung des nördlichen Erdwalls ALF 7
Hier: Entlastung der Gemeinde Gelbensande durch
Übernahme der anteiligen Sanierungskosten für die Teilfläche des ALF 7
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Frau Braun,
mit diesem Schreiben wenden sich die Mitglieder der
Gemeindevertretung Gelbensande im Namen aller Einwohner an das Ministerium für
Landwirtschaft und Umwelt M-V mit dem Ziel, Unterstützung bei wohl einer
einmaligen Situation in einer Altlastensanierung, zu erhalten.
Es handelt sich dabei um den Altstandort ehemaliger
Holztränkplatz „Osmose Gelbensande“, gelegen auf den Flurstücken mit der
aktuellen Bezeichnung, Gemarkung Gelbensande, Flur 6, Flurstücke 23/22, 23/21,
26/10, 27/26, 26/16 und 27/21.
Mittlerweile befinden sich die Flurstücke 26/16 der Flur
6 Gemarkung Gelbensande im Eigentum der Gemeinde Gelbensande bzw. das Flurstück
27/21 der Flur 6 Gemarkung Gelbensande im Eigentum der Wohnungsgesellschaft
Gelbensande als 100%igen Tochtergesellschaft der Gemeinde.
Auf den letztgenannten beiden Flurstücken liegt der
größte Anteil der, in der von der GIG
mbH für die GAA mbH erstellten Gefährdungsabschätzung, als ALF 7 bezeichneten
Altlastenfläche.
Auf dem ehemaligen Betriebsgelände „Osmose Gelbensande“
wurden über viele Jahre, bis einschließlich 1990, Holzstämme als Masten für den Bau der
Freileitungen der Deutschen Post sowie der Stromversorgung bearbeitet.
Im letzten Arbeitsgang wurden die Masten in großen
Tränkbecken gegen Schädlingsbefall und Witterungseinflüsse mit chemischen
Flüssigkeiten, im Wesentlichen bestehend aus Arsen, Fluorid und Chrom
behandelt.
Die fertig getränkten Masten wurden dann auf
Abtropfflächen über längere Zeit gelagert.
Die Produktion wurde über das ganze Jahr
aufrechterhalten.
Die vorgenannten Stoffe gelten schon im Einzelnen als
hochproblematisch und gesundheitsschädlich.
Aktuell sind betroffen der Wirkungspfad Boden-Wasser
und, noch prekärer, Boden-Mensch.
Aus der abschließenden Gefährdungsabschätzung der GIG
mbH aus dem Jahr 2013 wird beschrieben, dass die gesamte Wallfläche der ALF 7
aus abgeschobenem Boden aus dem Bereich des früheren Betriebsgeländes des VEB
Osmose besteht.
Für den Bodenaustausch und die Entsorgung wurden damals
bereits Kosten in Höhe von netto 716.000,00 € (brutto 851.704,00 €) erwartet.
Die Einschätzung der GIG mbH im Jahr 2016 zu möglichen Alternativvarianten
für eine Sanierung der ALF 7 Fläche, betrachtet unter dem Gesichtspunkt der
Invest- und Planungskosten, möchten wir Ihnen hier nicht vorenthalten.
Sie lautet:
Bei
ausschließlicher Betrachtung der Invest- und Planungskosten ist eine Sicherung
der ALF 7 Fläche durch Umzäunung zwar die Kostengünstigste, der Nutzen einer
solchen Maßnahme ist aber nur eng darauf begrenzt, den direkten Kontakt mit den
Schadstoffen im Boden zu verhindern. Das Gefahrenpotential dieser Altlast im
Hinblick auf das Grundwasser wird damit nicht vermindert. Im Vergleich mit den
anderen untersuchten Varianten und im Ergebnis der Kosten-Nutzen Analyse, ist
diese Variante mit Abstand am schlechtesten zu bewerten.
Denn
aus den zum Standort erstellten SIWA-Prognosen ist erkennbar, dass im Fall des
Erdwalls ALF 7 auch nach 30 Jahren die Auslaugung der besonders
umweltrelevanten Arsenbelastung in keinem Fall abgeschlossen sein würde …
Hinzukommt, dass unklar ist, ob das Immobilierungspotential des
Grundwasserleiters, das derzeit dazu führt, dass die Ausdehnung der Arsen- und
Fluorid-Schadstoffbahnen im Grundwasser keine 100 m abstromig des Ardwalls ALF
7 beträgt, auch bei fortgesetzt derart hohen Schadstoffausträgen, wie sie seit
1990 beobachtet werden, langfristig Bestand hat.
Nach Aussagen des StALU MM wäre eine Komplettsanierung
zwar wünschenswert, die Abdeckung und die Sicherung durch eine Zaunanlage wird
jedoch als ausreichend eingeschätzt.
Da der Wall zu 61,5 %, nach der Vermessung der
Liegenschaft sogar zu ¾ der Grundfläche, auf den Flurstücken der Gemeinde
liegen, kann durch die GAA der Teil, der auf der Landesliegenschaft liegt,
nicht saniert werden.
Die GAA mbH avisierte der Gemeinde zum damaligen
Zeitpunkt, dass die Komplettsanierung durch die GAA mbH erfolgt, eine
Kostenbeteiligung der Gemeinde jedoch nur in Höhe der Kosten, die der Gemeinde
für eine Sicherung durch Abdeckung und Einzäunung entstanden wäre, erfolgen
soll.
Der Gemeinde wären bei dieser Konstellation Kosten (zum
Zeitpunkt September 2016) in Höhe von 20.815,00 € inkl. der Fläche für die
Wohnungsgesellschaft entstanden. Die Gemeinde Gelbensande hat seit 2017 diesen
anteiligen Betrag in € als Rückstellung für umweltgefährdende Stoffe in ihrer
Bilanz eingestellt.
Allerdings zeigt sich bereits jetzt, dass eine
Zaunanlage zur Sicherung des Erdwalls denkbar ungeeignet ist.
Die vorhandene Zaunanlage, die immer noch die Grenze des
Betriebsgeländes darstellt und seitens der Gemeinde erhalten wird, wird ständig
durch spielende Kinder so beschädigt, dass Schlupflöcher entstehen oder der
Zaun überstiegen wird.
Alle Aufklärungsgespräche mit den Kindern und Eltern,
Warnschilder – für unsere Flüchtlingskinder auch in deren Heimatsprache – sind
nutzlos.
Eine Einfriedung, nach Abdeckung des Walls ALF 7 als
eine mögliche Schutzmaßnahme wenn keine Sanierung stattfindet, stellt damit
keinen ausreichenden Schutz dar.
Wir als Gemeinde wissen nicht mehr, wie wir diesen – so
stark kontaminierten Wall sicher vor dem Betreten schützen können, zumal bei
dieser Variante eine Sicherung auch von Seiten der Landesliegenschaft dauerhaft
erhalten und bewirtschaftet werden müsste.
Ob es Ihnen gelingt, die Landesliegenschaft mit dieser
Altlast, die auch auf Ihrem Gelände ohne Sanierung weiterhin existiert und
entsprechend zu schützen und unterhalten ist, zu veräußern, bliebe abzuwarten.
Die Abströme unterirdisch werden weiterhin auch die
ansonsten sanierten Flächen tangieren. Dadurch vermischen sich Schadstoffdepots
mit weniger belasteten Flächen.
Die stark schwankenden Grundwasserbelastungen durch
Trockenperioden und Regenphasen tragen ihr Übriges bei.
Nach Informationen der GAA beträgt die reine Masse
allein bei Arsen im gesamten Bereich ca.
7 Tonnen. Ein Abbau ohne Sanierung durch natürliche Prozesse, würde
Jahrhunderte dauern.
Ohne
eine Komplettsanierung des ehemaligen VEB OSMOSE inkl. der zur Betriebsfläche
gehörenden ALF 7, ist die Gesamtsanierung der Altlast „Osmose“ in Frage zu
stellen.
____
Allerdings veranlasst uns, außer das die Gemeinde
Gelbensande die Sanierungskosten gar nicht tragen könnte, ein ganz anderer
Aspekt an Sie heranzutreten, und die Kostenbeteiligung der Gemeinde an der
Sanierung des Walls ALF 7 in Frage zu stellen.
Bis zum Jahr 2016 sind sowohl die GAA mbH und damit auch
die Gemeinde Gelbensande davon ausgegangen, dass dieser sehr stark
kontaminierte Erdwall, mit permanenter Auslaugung von Arsen in das Grundwasser
im Rahmen der Sanierung der Landesliegenschaft „Osmose“ komplett mitsaniert
wird.
Grundlage dafür war das eingezäunte Betriebsgelände,
welches auch heute noch eindeutig die gesamte Fläche des ALF 7 von den
Nutzungen der Gemeinde abtrennt.
Dokumentiert wird dies bereits in der abschließenden
Gefährdungsabschätzung der GIG mbH vom 27.09.2013 als Auftragnehmer der GAA
mbH.
Unter Punkt 8 heißt es:
Zitat: „Den
weiteren Betrachtungen vorangestellt sei noch, dass der 2011 durchgeführte
Abgleich der Abgrenzung des Standortes „Osmose Gelbensande“ mit den aktuellen
Flurstückgrenzen zeigte, dass der umzäunte Bereich vor allem im Süden und
Westen teilweise deutlich von den Grenzen der GSN- und landeseigenen Flurstück
differiert. Während im Norden auch Flurstücke der Gemeinde Gelbensande
innerhalb des Zaunes liegen, liegen die o.g. Grundstücke im Süden und Westen
teilweise außerhalb des Betriebszaunes. Teilweise sind Grenzsteine im Gelände
durch rot-weiße Metallpfähle markiert, die vermutlich von einer Vermessung des
Grundstückes aus den 1990er Jahren stammen.
Der
hochkontaminierte Wall I (ALF 7) liegt teilweise auf dem GSN- bzw. den
Landesgrundstücken und teilweise auf den nördlich angrenzenden
Gemeindegrundstücken …
Als
Grundlage für die Bewertung wurde in Abstimmung mit dem AG das umzäunte
ehemalige Betriebsgelände vereinbart“
Diese Entscheidung der GAA, die ehemalige Betriebsfläche
der VEB Osmose (die bereits in den Anfang der 1980er Jahre durch die Errichtung
der Wohnblöcke, die vor allem der Unterbringung der in der Nähe stationierten
Soldaten der NVA und den Mitarbeitern des ehemaligen Düngemittelwerks in
Poppendorf und Überseehafen Rostock Wohnraum bieten sollte, sowie der damit
verbundenen Errichtung – hier konkret einer Polytechnischen Oberschule (POS),
verkleinert wurde), als Sanierungsfläche, unabhängig der vermutlich nicht zu
Ende geführten konkreten Herausmessung des verbleibenden Betriebsstandortes
festzulegen, ist konsequent und richtig.
Dass die Gemeinde durch diese, sich Jahrzehnte
hinziehende, falsche Zuordnung eines Teils des ehemaligen Betriebsgeländes der
„Osmose Gelbensande“ jetzt als Zustandsstörer für die Beseitigung dieser so
stark kontaminierten Fläche einstehen soll und die gesamte Restfläche, die sich
auch nicht an Flurstückgrenzen festmachen lässt, durch das Land mit
Bundesmitteln saniert wird, ist nicht im Sinne der Sache – nämlich die
komplette Beseitigung der Kontaminationen in dem Bereich des ehemaligen
Betriebsgeländes inkl. der kompletten Altlastenfläche ALF 7-.
Die Gemeindevertreter der Gemeinde Gelbensande möchten
hiermit im Sinne einer sinnvollen und
nachhaltigen Altlastensanierung die zuständigen Mitarbeiter des
Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt MV aktivieren, eine der letzten
großen Altlasten in Mecklenburg-Vorpommern, die als Landesliegenschaft saniert
wird, auf Grund dieser beschriebenen Besonderheit, in den Grenzen des Betriebsgeländes unabhängig von Flurstücks- und
Grundstücksgrenzen kurzfristig einer
Sanierung zu unterziehen und die
Bereitstellung der kompletten Sanierungskosten durch das Land
Mecklenburg-Vorpommern abzusichern.
Herzlichen Dank im Namen aller Gelbensander Bürger und
Einwohner – die Gemeindevertreter der Gemeinde Gelbensande: